Coaching #15: „No worries, direttore! I will make it to (the) Verona.“
Ein Sturz, eine Rippenprellung – und ein einziger Satz, der alles zusammenhält. Diese kleine Giro-Anekdote zeigt, wie viel mentale Kraft in einer simplen Wiederholung steckt. Kein Drama, keine großen Methoden. Nur Fokus. Und das Versprechen: Direttore, I will make it to (the) Verona.
Es gibt Anekdoten, die vergisst man nicht... obwohl sie gar nicht spektakulär beginnen. Eine davon hat sich vor ein paar Jahren beim Giro zugetragen. Sie wurde zum Running Gag. Und zum Musterbeispiel für angewandte Mentaltechnik.
Es war früh in der Rundfahrt. Zweite oder dritte Etappe. Die erste Ordnung im Rennen hatte sich bereits eingestellt: eine ungefährliche Spitzengruppe vorne, dahinter die Mannschaft des Gesamtführenden in der Verantwortung. Ruhe im Feld. Nur alle paar Minuten die Durchsage des Rückstandes im Tourfunk.... Nach dem Stress der Grande Partenza endlich ein Moment zum Durchatmen. Doch plötzlich: Caduta! – „BORA, BORA: your rider crashed!“
Ich presche nach vor. Der Mechaniker springt aus dem Auto. Sprintet zum Gestürzten. Hilft ihm zurück aufs Rad und schickt ihn mit einem kräftigen Schubser wieder ins Rennen. Viel hat er nicht... ein paar Schürfwunden. Wenn überhaupt. Trotzdem greift er sich immer wieder an die Rippen.
Im Ziel folgt die Untersuchung. Sicherheitshalber ein Röntgen. Am Abend dann Entwarnung: nichts Schlimmes. „Nur“ eine Rippenprellung. Im normalen Leben unangenehm. Am Beginn einer Grand Tour beinahe eine Katastrophe...
Auch mein Rennfahrer weiß, was ihn erwartet: drei Wochen Schmerzen, drei Wochen schlechter Schlaf. Rippen sind gemein, das weiß jeder. Aber er nimmt’s gelassen. „No worries, direttore! Ribs will hurt. But I will make it to Verona.“
Ich habe mir gedacht: Hoffentlich sagt er das auch in ein paar Tagen noch.
Und tatsächlich: Ab diesem Tag habe ich bei jeder meiner abendlichen Visiten denselben Satz gehört.
„And, how are you?“ – „Ribs are shit. Ribs will hurt three weeks. But no worries, direttore! I will make it to the Verona.“
Und er hat Wort gehalten.
Die Mentaltechnik dahinter
Als Mentalcoach habe ich zu dieser Leistung wenig beigetragen. Mein Rennfahrer hatte bereits das beste Rezept: einen kurzen, klaren Satz, den er sich konsequent wiederholte.
Dieses permanente Vorsagen eines bestätigenden Textes nennt man Affirmation. Der Begriff stammt von affirmare – dem lateinischen Wort für bestätigen, bekräftigen, versichern. Und Affirmationen erfüllen oft eine Art Priming, sie bereiten Geist und Verhalten auf eine bestimmte Haltung vor.
Übrigens: Technisch gesehen gelten Affirmationen als Sonderform der Suggestion – und sind damit autosuggestiv (selbstwirksam) meist stärker als heterosuggestiv (fremdwirksam). Kein Wunder also, dass mein Schützling ohne meinen Input so gut zurechtgekommen ist.
Warum diese kleine Geschichte wirkt
Wenn ich diese Anekdote in einer Keynote erzähle, bleibt sie meist nur eine Randnotiz. Und trotzdem kommen nach den Vorträgen immer wieder Menschen zu mir und bedanken sich – nicht für große Theorien, sondern für diese einfache, sofort umsetzbare Mentalstrategie. Vielleicht gerade deshalb: weil sie zeigt, wie viel Wirkung in einem einzigen Satz liegen kann.
Weil sie zeigt:
Manchmal braucht es keine großen Worte, keine Analysen, keine perfekten Bedingungen.
Manchmal reicht ein Satz.
Konsequent wiederholt.
Und ernst gemeint.
No worries. I will make it to the Verona.
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