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Coaching #5: Wettstreit der Reize

Wie wir Forschungsergebnisse aus der Wahrnehmungs- und Kognitionsforschung nutzen, um den inneren Schweinehund auszutricksen.

Wenn ich erzähle, dass ich im Profiradsport arbeite und selbst gern radfahre berichten mir die Leute oft, dass sie nur im Fitnessstudio radln. Am Ergometer. Die modernen Geräte haben nämlich so tolle Bildschirme, auf denen man fernsehen kann. Da wirds nicht so schnell langweilig… zu Haus hingegen tut besagten Herrschaften immer gleich der Allerwerteste weh.  

Einen sehr interessanten Versuch, der dieses Phänomen wissenschaftlich hinterleuchtet, haben die beiden amerikanischen Psychologen James Pennebaker und Jean Marie Lightner an der Universität Virginia durchgeführt. 

Dabei kam ein Studiendesign zur Anwendung, bei dem die Teilnehmer an 2 Tagen mit einer Woche Abstand auf dem Laufband walken sollten. 

Davor  wurde den Versuchsteilnehmern, wie bei psychologischen Testungen üblich, noch eine sogenannte “Cover Story” aufgetischt. So nennt man die in der Wissenschaft gängigen Täuschungsmanöver, die den Probanden durch eine plausible aber falsche Erklärung den wirklichen Sinn und Zweck eines Experiments verschleiern. Das wird übrigens gemacht, um eine Einflussnahme auf den Studienausgang zu verhindern. Konkret wurde den Teilnehmern an unserer Studie gesagt, dass “die Rolle von körperlichem Training auf physiologische Veränderungen” untersucht wird.

Am ersten Tag sollten alle Teilnehmer 11 Minuten marschieren. Dabei hatten sie zwar Kopfhörer auf, waren aber keiner Beschallung ausgesetzt. 

Nach zwei Messungen von Puls und Blutdruck sind die Teilnehmer zum Laufband begleitet worden. Danach hat der Studienleiter den Versuchspersonen Kopfhörer aufgesetzt und ein Mikrophone vor dem Gesicht platziert. Die Probanden wurden aufgefordert, durch den Mund zu atmen und geradeaus zu schauen und während des Trainings frei zu gehen. In der ersten Minute sind die Versuchspersonen bei “reduziertem Tempo” von etwas über 3kmh und einer Steigung von 12% marschiert. Nach einer Minute hat der Studienleiter das Tempo auf 5,5kmh erhöht. Auch dabei waren die Studienteilnehmer keiner Beschallung über die Kopfhörer ausgesetzt, ihre Atemgeräusche wurden jedoch mit einem Recorder aufgezeichnet. So mußten die Probanden 10 Minuten walken.

Nachdem das Laufband angehalten wurde, wurden abermals Puls und Blutdruck gemessen. 

Eine Woche später - vor dem zweiten Testtag - wurden die Probanden in drei verschiedene Gruppen eingeteilt. 

  • Gruppe 1 hat man über Kopfhörer interessante Straßengeräusche ausgesetzt. 
  • Gruppe 2 bekam eine Verstärkung ihrer eigenen Atemgeräusche zu hören. (Welche am ersten Tag aufgezeichnet wurden)
  • Gruppe 3 wurde als Kontrollgruppe gar nicht beschallt. 

Danach wurde dieselbe Prozedur durchlaufen wie am ersten Untersuchungstag.

Zum Abschluss wurde an beiden Tagen Puls und Blutdruck gemessen und ein Fragebogen ausgefüllt. Dabei mussten die Versuchspersonen in einem Selbstbeurteilungsverfahren auf einer Skala von 1-100 durch Ankreuzen graphisch darstellen, wie stark sie die jeweiligen Symptome erlebt haben. Gecheckt wurde unter anderem Belastungssymptome wie Herzrasen, Schwindel oder schwitzende Hände. Zusätzlich wurden ITEMS wie gefühlte Spannung, Langeweile, Verlegenheit oder Glücksgefühl, abgefragt

In der Auswertung wurde aus all diese ITEMS durch summieren ein Gesamtsymptomindex errechnet.

Und, wie sie sich wahrscheinlich schon denken können: Die Versuchspersonen die mit den ablenkenden Geräuschen beschallt worden sind haben über deutlich weniger Belastungungssymptome berichtet als jene Teilnehmer die eine Verstärkung der Atemgeräusche zu hören bekommen haben. 

Aber warum ist das so?

Grob gesagt hat der Mensch Zugriff auf zwei Arten von Reizen: Zum einen gibt es die “internalen sensorischen Reize”, zum anderen die “externalen Umweltbezogenen” Reize. 

Und diese sogenannten Cues konkurrieren um den Aufmerksamkeitsfokus. 

Dabei können diese potenziellen Quellen außerhalb des Individuums liegen. So wie zum Beispiel Bilder oder Geräusche. Oder, wie recht oft der Fall, auch vom Körper selbst ausgehen. So wie wir das bei Empfindungen, Gedanken oder Stimmungen kennen.

Wahrnehmungs- und Kognitionsforscher sind sich darüber hinaus einig, dass Reize mit unterschiedlicher Priorität verarbeitet werden. So werden Reize, die neuartige oder komplex sind oder gar auf eine Bewegung hinweisen, detaillierter untersucht als redundante, einfache oder stationäre Datenstrukturen. Außerdem ist die Informationsmenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt kodiert, also verarbeitet werden kann, begrenzt (vgl. Navon & Gopher, 1979). 

Und daraus folgern die Wissenschafter, dass die Verarbeitung von Informationen aus der einen Quelle die Fähigkeit einschränkt Informationen aus einer konkurrierende Quellen zu kodieren. 

Und weil auf den Bildschirmen der modernen Ergometer sehr viele neuartige und komplexe Reize, die oftmals auf Bewegung hinweisen, gezeigt werden, tut der Allerwerteste am top modernen Trainingsgerät mit Super Display auch weniger weh als am alten Standfahrrad zu Hause.  

Warum Prinzessin auf der Erbse, selbst das nachdem ihr der Märchenprinz das allerbeste Ergometer samt Bildschírm in den Keller gestellt hat noch immer über Sitzprobleme klagt, die sie so im Fitnessstudio nicht hat, erkläre ich in einem meiner nächsten Beiträge….

Verwendetes Bild wurde mit künstlicher Intelligenz erstellt. Der Text weitestgehend mit Durchschnittlicher ;-)

Quelle: Journal of Personality and Social Psychology 1980, No. 1. 165 -174. James W. Pennebaker und J. M. Lightner

copyright: Christian Pömer Praxis für Psychologische Beratung Führungskräfte-Coaching & Sport Mentaltraining in Linz und Bad Ischl/Oberösterreich

 

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